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Infrapolitische Resonanzen der Transkulturellen Akademie

Indem Veranstaltungen institutionellen Programmen zugeordnet werden, ist die Öffentlichkeit eines bestimmten Formats nur mit den Infrastrukturen verbunden, die für ihr Öffentlichwerden notwendig sind. Können Formate wie Residencies, Talks oder Konferenzen über die für sie notwendigen Infrastrukturen hinausgehend Einblicke schaffen, die Zuordnungen zu Umordnungen werden lassen?  

Sammlungspräsentation basieren auf historischen und inhaltlichen Verknüpfungen, die Geschichte als plausible Erzählung inszenieren. Wie kann die Konzeption zukünftiger Ausstellungen diese Erzählung in Frage stellen? Wie kann eine plausible Erzählung als gewaltvolle Inanspruchnahme vergangener Zeit verstanden und kritisiert werden?

Exponate in Ausstellungen scheinen so lange zu schweigen, bis sie mit Sprache aufgeladen werden: Durch Führungen, Ausstellungstexte oder Titel. Wie kann diese vermeintliche Stille selbst artikuliert werden? Wie können mit ihr Leerstellen und Unstimmigkeiten innerhalb der historischen Aufarbeitung von Sammlungen öffentlich werden?

In der Vermittlung von Ausstellungen gibt es Erzählungen, die fast nebenbei angesprochen werden und keinen eigenen Platz im Vermittlungsprogramm haben. Sie treffen dennoch Aussagen über den Umgang mit der Präsenz eines kolonialen Erbes. Wie können diese scheinbar nebensächlichen Erzählungen in der Vermittlung einen festen Platz finden?

„Worlded publics“ werden auch über die Begriffe und Bezeichnungen organisiert, die in Sammlungen vorherrschen. Sie geben Exponaten bestimmte Titel, die in der Vermittlungsarbeit Beziehungen zu Communities herstellen und Sprachstile gestalten. Wie kann ein die Benennung von Objekten diese Vermittlung aufgreifen? Wie können Öffentlichkeiten hergestellt werden, wenn Dekolonisierung je nach Öffentlichkeit eine andere Bedeutung hat?

In Institutionen soll die Besetzung von Personen bestimmte Leitlinien repräsentieren, etwa Inklusion oder Diversität. Wie kann diese Besetzungs-Politik in eine Praxis überführt werden, die auch in der Mikropolitik eines Arbeitstages, einer Ausstellungskonzeption oder Kaffeepause gelebt wird?

Kann die Verbesserung von Arbeitsbedingungen einer Fortführung der westlichen Museumsgeschichte und ihrer kolonialen Prägung entgegenwirken? Welchen Einfluss haben Faktoren wie Gehalt, eine demokratische Mitwirkung an Entscheidungsprozessen, Arbeitszeit und –Klima auf die inhaltliche Bearbeitung kolonialer Bestände?

Personen in Institutionen haben verschiedene Rollen: Sie können Mitarbeitende, Teilnehmende oder Beobachtende sein. Kann durch die Überschneidung dieser Rollen eine kritische Perspektive auf die eigenen Arbeitsabläufe hergestellt werden? 

In Institutionen werden Arbeitsprozesse nicht an der Erschöpfung gemessen, die sie produzieren, sondern am Ergebnis, das durch sie gezeigt werden kann. Gibt es Infrastrukturen innerhalb Institutionen, die Zeit weniger als Messwert nutzen, denn als Wahrnehmungsraum, in dem Arbeit und Freizeit eine gemeinsame Größe bilden?

Wenn für Sammlungen Objekte datiert und klassifiziert werden, wird damit Zeit in einzelne Epochen und Bereiche zerlegt. Diese Zerlegung produziert Geschichtsschreibung. Wie können Zusammenhänge hergestellt werden, statt Zeit zu fragmentieren? Kann Zeit in Institutionen als lebendige Erzählung statt als datierte Geschichte verhandelt werden?

Objekte werden nicht nur bearbeitet, sondern bearbeiten auch selbst: Wenn Objekte kategorisiert, besprochen und sortiert werden, materialisieren sich soziale Prozesse wie Gespräche und Recherchen jenseits des Objekts. Die Bearbeitung von Objekten kann demnach als vernetztes Wissen begriffen werden, mit sich Verbindungen zwischen menschlichen und nicht menschlichen Akteur*innen materialisieren – wie aber können diese Materialisierungen in die Register von Sammlungen zurückwirken?

Der Outreach einer Institution betrifft meist Standorte, die jenseits der Ausstellung liegen. Sie erreichen Räume, die eigene Infrastrukturen besitzen und sich als Community organisieren. Wie können diese Beziehungen in die Vermittlungsarbeit von Institutionen aufgenommen werden, um Abläufe innerhalb der eigenen Infrastrukturen zur Diskussion zu stellen?

Im Zuge der Digitalisierung von Sammlungsbeständen werden Objekte in ein immaterielles Datensystem aufgenommen, das Material verschieden klassifiziert. Wie aber kann der Digitalisierungsprozess selbst als eine Form der Materialisierung begriffen werden, als ein Vorgang, der Objekte und Daten in eine wechselseitige Materialisierung überführt?

Auf welche Geschichte kann die Bearbeitung von Objekten nicht mehr existierender Gemeinschaften Bezug nehmen, wenn in diesen Gemeinschaften selbst keine Geschichten mehr erzählt werden können? Können Bearbeitungsformen entwickelt werden, die sich den Geschichten widmen, die mit Objekten erzählt wurden?

Die Thematisierung von Vergangenheit, einer gewaltvollen Geschichte von Sammlungen etwa, kann die Kolonialzeit als nicht abgeschlossenen Prozess ausweisen. Wie kann diese Präsenz des Vergangenen auch Geschichten erzählen, die aus gegenwärtigen Handlungen, Gesprächen, aus Körperwissen resultieren – und so selbst Teil der Institution sind?

Wie kann Geschichte in Institutionen von einer Gegenwart ausgehend kritisch erforscht, dokumentiert und ausgestellt werden, wenn die gegenwärtige Arbeitszeit selbst kaum hinsichtlich ihrer gewaltvollen Ausbeutungsstrukturen von Zeit und Arbeitskraft kritisiert wird? Wie kann vor diesem Hintergrund ein veränderter Umgang mit Zeit die Produktions- und Arbeitsbedingungen reflektieren?

Das Material von Objekten beschreibt nicht nur eine stoffliche Gegebenheit, sondern vor allem eine materielle Beschaffenheit, eine Technik, die in Materie eingeschrieben ist. Die Beschreibung „geschliffenes Holz“ drückt damit vor allem eine Handlung aus, die sich materialisiert – und damit ebenso eine Beziehung zu Menschen und Dingen, mit der diese Materialisierung verwirklicht wurde. Wie kann diese materielle Verwicklung vermittelt werden? Wie kann sie in die Kategorisierung von Objekten miteinbezogen werden?

Kommunikationswege orientieren sich am Veranstaltungsprogramm von Institutionen. Dieses wird – unter anderem – nach ihrer zeitlichen Abfolge archiviert. Wenn die chronologische Bestimmung von Zeit in Archivbeständen als Moment eurozentristischer Geschichtsschreibung verstanden wird, wie können alternative, zyklische Zeitauffassungen in das Veranstaltungsarchiv von Institutionen übernommen werden?

In welchem Verhältnis stehen kollektiv erlebte Öffentlichkeiten zu den individuellen Verantwortungen und Vorlieben der einzelnen Personen, die an ihnen teilnehmen? Können persönliche Aspekte in ihnen sichtbar gemacht werden, ohne gemeinsame Teilnahmebedingungen zu unterwandern?

Wie spiegelt der Titel von Objekten eine Sprache wider, die von imperialer Gewalt geprägt ist – und wie kann ihre Aufnahme in Ausstellungen neue Kontexte formulieren, deren Vermittlung jene Gewalt sprachlich nicht nur benennt, sondern bespricht? 

In Institutionen werden auf der Grundlage von Objektklassifizierungen Zuordnungen getroffen, die Zeit, Ort und Kontext von Objekten festlegen. Wie können diese Zuordnungen durch unterschiedliche Vermittlungsstrategien außer Kraft gesetzt werden und damit neue Räume beschrieben und Geschichten erzählt werden?

Der Titel eines Projekts schafft soziale Zugänge: Über ihn werden Aus- und Einschluss zu verschiedenen Programmpunkten gesteuert. Wie kann Vermittlungsarbeit diese von Titeln gesetzte Regulierung erweitern, entkräften oder ihr etwas Neues entgegensetzen?

Wenn historische Artefakte in Ausstellungen gezeigt werden, verändert sich der Kontext ihres Öffentlichwerdens. Zeit wird so als Drehmoment eingesetzt, mit dem Kolonialgeschichte und Gegenwart mobilisiert werden. Wie kann dieses Drehmoment nicht als Blick auf die Vergangenheit, sondern als aktive Verwicklung mit ihr inszeniert werden?

Für die Vermittlung von Ausstellungen bildet die wissenschaftliche Bearbeitung von Objekten eine wichtige Grundlage. Wie würde eine unwissenschaftliche Bearbeitung aussehen – eine subversive, subkulturelle und nicht offizielle Form der Bearbeitung, mit der eine informelle oder disruptive Form der Objektgeschichte erzählt werden könnte?

Wie schafft die Präsenz einer Ausstellung eine bestimmte Welt oder mehrere Welten? Und wie kann in diese Vergegenwärtigung neuer oder alternativer Möglichkeiten von Welt auch das Vergangene und Zukünftige miteinfließen?

Der Titel eines Objekts in ethnographischen Sammlungen bezieht sich oft auf Praktiken des alltäglichen Gebrauchs, etwa Messer, Becher oder Vase. Wie aber sind diese Alltagshandlungen in patriarchale oder koloniale Verhältnisse verwickelt, die im Titel nicht artikuliert werden? Können diese Verhältnisse in den Titel aufgenommen werden?

Koloniale Gewalt liegt nicht allein in der Geschichte, die in Dokumenten festgehalten und in Büchern erzählt wird, sondern auch in den Kategorien und Formen, in denen jene Gewalt sich materialisiert. Wie können diese Kategorien selbst als historisches Material begriffen und dekolonisiert werden – und damit Register, Symbole, Schlagworte und Ordnungssysteme auf ihre koloniale Vergangenheit hin untersucht werden?

Die Lagerung von Objekten verlangt Arbeit, die selbst nicht sichtbar ist. Sie materialisiert sich jedoch in der Beschaffenheit der Objekte: Wie und wo Dinge aufbewahrt werden, hat Auswirkungen auf ihren Zustand. Wie wird das Material der Objekte, die in den Archiven von Institutionen gelagert werden, geschützt – im Verhältnis zur Wartung der Schränke, Vitrinen und Lagersysteme, in denen sie aufbewahrt werden?

Institutionelle Verfahren sind an Arbeitszeiten gebunden. Wenn Angestellte in Institutionen diese Zeit mit internen Abläufen und Anforderungen so weit ausfüllen müssen, dass Anfragen von außen kaum Aufmerksamkeit geschenkt werden kann, wie kann die Präsenz einer Institution dann mehr sein als das Vermittlungs- und Kommunikationsprogramm, das vorab geplant und intern besprochen wird? Wie kann eine Institution ihre Programmatik in ungeplanten Gesprächen deutlich machen?

Gemeinsam verbrachte Zeit öffnet einen Raum, der Wissen durch geteilte Beziehungen und affektives Verhalten erfahrbar macht. Zeit schafft auf diese Weise Zugänge, jedoch nur, wenn dafür soziale Infrastrukturen bereitstehen, die informelle Zusammenkünfte und unbestimmten Austausch ermöglichen. Wie kann Zeit sich als Affekt materialisieren, der solche informellen Infrastrukturen befördert?

Arbeitsprozesse verschiedenen institutionellen Bereichen zuzuordnen, schafft arbeitsteilige Infrastrukturen, die an Effizienz orientiert sind. Damit werden Abläufe optimiert, aber Perspektiven auf ihre jeweiligen Gebiete eingegrenzt. Wie kann die Zuordnung von Arbeitsschritten eine Perspektive weniger festlegen, als vielmehr neue Sichtweisen offenzulegen? Wie können Perspektiven kollaborativ und transdisziplinär organisiert werden?

Der Titel von Objekten ist eine vermeintlich objektive Bezeichnung, solange etwas innerhalb einer Sammlung gelagert und geordnet wird. Sobald das Objekt ausgestellt wird, verwandelt sich dieser Titel in eine Setzung, die das Objekt zum Exponat macht. Wie kann auch innerhalb einer Sammlung das Betiteln von Objekten als eine solche Setzung verstanden werden, als ein Akt, der von zwar strukturell festgeschrieben, aber persönlich ausgeführt wird? 

Die Zuordnung von Objekten zu Sammlungsbereichen schafft Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen. Wie können diese Zuordnungen nicht nur funktional, sondern auch kritisch wirksam werden? Wie schaffen sie gerade durch ihre Verwicklung in Datenbanken, Arbeitsbereiche und Aufbewahrungsorte Vernetzungseffekte, die diverse Perspektiven zum Vorschein bringen?

In der Vermittlung von Ausstellungen werden Beziehungen zu Objekten und Sammlungen spürbar, indem Wissen darüber geteilt wird. Wie können diese Beziehungen eine eigene Präsenz schaffen, eine Gegenwart, die nicht nur in der Vermittlung liegt, sondern davon ausgehend auch die Beziehungen innerhalb der Bestände formt?

Innerhalb von Ausstellungen werden unterschiedliche Standorte vor allem durch Exponate sichtbar, die aus verschiedenen kulturellen und historischen Kontexten stammen. Wird ihre Öffentlichkeit auch durch die Besuchenden reflektiert, die sie betrachten – und die ihnen mit verschiedenen sozialen und kulturellen Kontexten begegnen?

Die Zuordnung institutioneller Bestände zur Online-Sammlung macht Objekte zu Digitalisaten. Transformiert diese Zuordnung nicht nur den medialen Zugang, sondern auch die Objekte selbst?

Schafft die Zuordnung von Objekten zu bestimmten Kategorien bereits eine eigene Erzählung? Sind die Labels und Symbole, mit denen Objekte in Sammlungen sortiert und klassifiziert werden, ähnlich einsetzbar wie dramaturgische Mittel, mit denen Objekte in Sammlungen inszeniert werden?

Sammlungen und Archive setzen sich nicht nur aus Objekten und Ordnungsweisen zusammen, sondern zugleich aus scheinbar nicht archivierbaren Aspekten. Dies können Gefühle, Affekte oder Konflikte sein, die sich durch das Sammeln von Objekten und das Erschließen von Beständen entwickeln. Wie werden diese Dimensionen zu legitimem Material einer Sammlung?

Affekte materialisieren sich in Sammlungs- und Archivbeständen, etwa wenn Objekte aus persönlicher Betroffenheit nicht gesichtet oder gepflegt werden können. Ein Beispiel dafür ist die Kunst des Nationalsozialismus oder historische Werbebilder, die Rassismen und Misshandlungen der Kolonialzeit reproduzieren. Wie kann diese Betroffenheit als Material verstanden werden, das die Objekte kennzeichnet und mit ihnen sichtbar wird?

Wenn in kapitalistischen Gesellschaften eine Wechselbeziehung zwischen sogenannter kreativer, immaterieller Arbeit und der Beschaffenheit ihrer Produktionsbedingungen besteht, wie materialisiert sich dann die immaterielle Arbeit einzelner Personen in den Infrastrukturen einer Institution?

Wie können Sammlungen, die als exotistisch kritisiert werden, diese Kritik in die wissenschaftliche Bearbeitung der einzelnen Sammlungsobjekte mit aufnehmen? Gibt es eine dekoloniale Form der Objekt-Bearbeitung – und wenn ja, wäre sie notwendigerweise wissenschaftlich legitimiert?

Objekte in Sammlungen erhalten durch ihre Titel eine historische, kulturelle und soziale Bedeutung. Die scheinbare Unveränderbarkeit dieser Titel steht im Kontrast zu ihrer eigenen kontextuellen Bedingtheit. Können Titel in Sammlungen verändert werden, um diese Bedingtheit auszudrücken? Können einem Objekt mehrere Titel zur Verfügung gestellt werden, um verschiedene Lesarten und Zusammenhänge sichtbar zu machen?

Wie können Residencies von Künstler*innen die teilweise problematischen Bestände ethnographischer Sammlungen bearbeiten? Wie kann ihre kurzzeitige Präsenz kritische Perspektiven auf die unsichtbaren Machtbeziehungen in Sammlungen und Archiven sichtbarmachen?

Der Standort einer Ausstellung spiegelt sowohl ihre Position in einem institutionellen Verbund wider als auch ihren geopolitischen Raum. Sie stellt so Beziehungen zu verschiedenen Museen und Sammlungen her. Wie kann der Punkt, von dem aus eine Ausstellung sichtbar gemacht wird, als dieses Beziehungssystem vermittelt werden?

Die Bearbeitung von Sammlungen entspricht einer Form der Wissensproduktion, in der Objekte nicht nur klassifiziert, sondern auch ihre individuelle Beschaffenheit bestimmt wird. Wie aber geht diese Bestimmung über das einzelne Objekt hinaus und kann als vernetztes und implizites Wissen sichtbar gemacht werden?

Die Platzierung von Objekten in institutionellen Sammlungen verlangt, dass Dinge nicht mehr genutzt werden, also ihr alltäglicher Gebrauch nicht mehr stattfindet. Wie können Zeit und Ort einer Sammlung nicht nur die Vergangenheit von Objekten benennen, sondern ebenso ihr Verhältnis zur Gegenwart? Wie kann dadurch eine neue Form des Gebrauchs entstehen?

Die Präsenz von Ausstellungen kann als eine Art der Vorderbühne gesehen werden, auf der aktuelle Umgangsweisen mit Sammlungen und Beständen gezeigt werden. Diese Präsenz impliziert eine abwesende Hinterbühne, von der aus programmatische Entscheidungen getroffen und problematische Objekte ausgespart werden. Gibt es Möglichkeiten, Aspekte der Hinterbühne in Ausstellungen präsent zu machen, um eine kritische Haltung der eigenen Ausstellungspolitik gegenüber einnehmen zu können?

Kann die wissenschaftliche Bearbeitung einzelner Artefakte die Verstrickung von Museen in ihre koloniale Vergangenheit sichtbarmachen? Wie kann die Bearbeitung von Artefakten die Verwicklungen artikulieren, die nicht nur in ihrer Herkunft, sondern spezifisch in ihrer Ausstellungsgeschichte begründet liegen?

Innerhalb von Ausstellungen gibt vor allem der eigene Standort der Betrachtung Orientierung: Er schafft Beziehungen zwischen Exponaten und Besuchenden. Wie kann eine Führung diese Beziehung so ausrichten, dass nicht nur der eigene Standort, sondern auch die damit einhergehenden Perspektiven besprochen werden? Wie können bestimmte Standorte innerhalb von Führungen kritische und dialogische Formate fördern?

Die Präsenz von Künstler*innen im Rahmen von Residency-Programmen kann Reibungen mit den Regeln einer Institution erzeugen, etwa wenn Recherche-Objekte nicht zugänglich gemacht werden dürfen. Wie kann die Gegenwart von Künstler*innen diese institutionellen Zugänge thematisieren und so auf das Regelwerk einer Institution zurückwirken?

Die wissenschaftliche Bearbeitung von Sammlungsbeständen liefert historische Einordnungen des Objekts in einen spezifischen kulturellen und geschichtlichen Kontext. Der Status eines Objekts wird so definiert. Wie aber schafft diese Bearbeitung einen neuen Status, also eine Kontextualisierung, die nicht nur das Objekt, sondern auch die Sammlung selbst definiert?

Wenn sich Handlungen in Institutionen zu festen Abläufen verstetigen, welche Personen sind dann an dieser Verstetigung beteiligt? Findet die Organisation dieser Handlungen kollaborativ und dezentral statt oder werden sie durch Hierarchien gesteuert und begrenzt?

Das Kuratieren und Vermitteln von Ausstellungen findet oft getrennt voneinander statt: Meist wird Vermittlung als sekundärer Schritt betrachtet, der einem kuratorischen Konzept folgt. Wie können diese beiden Prozesse von Grund auf zusammen konzipiert und ausgeführt werden? Wie kann der Standort einer Ausstellung aus dieser Schnittstelle einen eigenen Raum schaffen?

Die Zuordnung von Objekten zu verschiedenen Sammlungen, Systemen und Kategorien produziert bestimmte historische und kulturelle Lesarten eines Objekts. Indem diese Lesarten eine Objekt-Geschichte eingrenzen, werden andere mögliche Geschichten ausgespart. Wie können Zuordnungen neue Zugänge freilegen, die verschiedene, vielleicht widersprüchliche Kategorien durchkreuzen und sich einer eindeutigen Lesbarkeit entziehen?

Um verschiedene Öffentlichkeiten herzustellen, müssen Personen mobilisiert werden. Wie können Menschen angesprochen werden, die keine homogene Gruppe darstellen, sondern unterschiedliche Vermittlungskonzepte benötigen, um Zugang zu Wissen zu erhalten?

Arbeitsprozesse materialisieren sich nicht nur in den Ergebnissen, die sie erzeugen, sondern auch in den Spuren, die sie hinterlassen. Ist es möglich, die Denkprozesse eines Symposiums als Material zu verstehen, im Sinne einer sozialen Textur weiter wachsen kann?

Ausstellungen ethnographischer Sammlungen ziehen vorwiegend Menschen an, die bereits über fachliches Wissen oder Interesse verfügen. Dazu trägt der vorwiegende Standort von Institutionen innerhalb von Stadtgesellschaften bei. Wie kann die Vermittlung von Ausstellungen die sozialen Grenzen ihres eigenen Standortes durchbrechen? 

Infrastrukturen sind abhängig von den Prozessen, die in ihnen stattfinden. Sie sind darum sowohl fragil als auch festigend. Wie kann die Organisationsstruktur von Institutionen einerseits offen und flexibel operieren, andererseits aber den in ihr arbeitenden Personen Stabilität und Sicherheit bieten?

Objekte werden nicht nur durch Arbeit geformt, sondern nehmen auch die Form der Arbeit an, die sie vollziehen: Ein Messer ist nicht nur geschliffen, sondern auch stumpf durchs Schneiden. Wie also spiegelt die Arbeit mit Objekten deren Material wider? Wie können Spuren kolonialer Gewalt nicht nur im Material des Objekts, sondern in der Materialisierung seines Gebrauchs gesucht werden?

Die Organisationsstruktur von Institutionen ist der Öffentlichkeit in der Regel kaum oder gar nicht zugänglich. Trotzdem werden auf ihrer Grundlage Öffentlichkeiten hergestellt. Können einzelne Personen Zugänge zu ihrem Arbeitsalltag schaffen und so eine öffentliche Debatte über die Produktionsbedingungen ihrer institutionellen Praxis eröffnen?

Projektarbeit wird in Institutionen verschiedenen Bereichen zugeordnet, die Aspekte des Programms unterschiedlich behandeln; Öffentlichkeitsarbeit, Vermittlung und Archivierung folgen ihren je eigenen Infrastrukturen. Wie können diese Zuordnungen Durchlässigkeit herstellen, so dass flexible Strukturen entstehen?

Der Standort von Institutionen ist mehr als eine neutrale Raumkoordinate: Er schafft Bezugssysteme geopolitischer und historisch gewachsener Macht. Standorte definieren auf diese Weise implizit Zentrum und Peripherie. Wie kann der Outreach von Institutionen und ihre Arbeit mit verschiedenen Gemeinschaften diesen Machtkomplex kritisch verhandeln?

Institutionen legen Standorte für Objekte fest, wenn sie archiviert und gelagert werden. Diese Orte scheinen mit den Präsentationen in Ausstellungen nichts zu tun zu haben; eine Vitrine und ein Schrank folgen unterschiedlichen Politiken der Sichtbarkeit. Wie aber können diese Standorte zueinander ins Verhältnis gesetzt werden? Wie kann damit die Politik der Sichtbarkeit auch einer Politik der Unsichtbarkeit Rechnung tragen?

Titel sind oftmals funktionale Bezeichnungen, um Sammlungen zu organisieren. Sie blenden damit aus, dass jede Betitelung eine Handlung vollzieht, einen Status verleiht und aus Prozessen hervorgeht. Titel sind in diesem Sinne performativ, denn sie setzen abstrakte Konzepte in die Tat um. Wie kann diese performative Dimension in Ausstellungen eingesetzt werden? Wie kann der Titel von Dingen als Handlung erfahrbar gemacht werden?